Veröffentlicht in der Zeitschrift der IHK Aschaffenburg „Wirtschaft am bayerischen Untermain“ in der November-Ausgabe 2013
Mediation als Königsweg
Unternehmen suchen heute verstärkt nach neuen Wegen in der Kommunikation, in der Produktentwicklung und auch in der Konfliktbewältigung. Die neuen Wege in der Konfliktbewältigung haben bereits eine über 30-jährige Tradition. Viele große Unternehmen sind seit den 1990er Jahren dazu übergegangen, Konflikte mithilfe von Mediation zu lösen – das ist deutlich effektiver, als beispielsweise vor Gericht zu ziehen und bietet darüber hinaus eine Reihe weiterer Vorteile.
Mediation in Unternehmen
Begonnen hat der Einsatz von Mediation als professionelle und systematische Methode im Wirtschaftsleben vor gut 30 Jahren in den USA. Inzwischen hat sich Mediation auch in Deutschland als Möglichkeit des Konfliktmanagements etabliert und gewinnt zunehmend an Bedeutung. Kein Wunder, denn nicht selten kommt dabei am Ende eine echte Win-Win-Situation für alle Beteiligten heraus.
Mediation kommt von medius
Was verbirgt sich eigentlich hinter dem Begriff Mediation? Er kommt aus dem Lateinischen und leitet sich ab von „medius“ (mittlerer, mitten, in der Mitte); ein Mediator ist ein Mittler und wird auch definiert als ein außergerichtlicher Vermittler in einem Kommunikationsprozess. Unter Mediation versteht man heute ein strukturiertes freiwilliges Verfahren zur konstruktiven Beilegung von Konflikten mit Unterstützung einer Mediatorin/eines Mediators. Die Wirtschaftsmediation dient der Lösung von Konflikten in allen wirtschaftlichen beziehungsweise betrieblichen Bereichen. Die Erfahrung zeigt, dass deutlich mehr als zwei Drittel aller in deutschen Unternehmen durchgeführten Mediationen erfolgreich verlaufen und zum gewünschten Ziel führen: Den Konflikt dauerhaft zur Zufriedenheit aller Beteiligten aufzulösen. Häufig ist sogar eine verbesserte Kommunikation zwischen den einstigen Konfliktpartnern die Folge. Übrigens: Der Mediator hat keine Entscheidungsgewalt, sein Handeln dient vielmehr als Hilfe zur Selbsthilfe, er fungiert als neutraler Dritter. Vor allem, wenn sich die Gemüter erhitzen, ist eine neutrale Person von unschätzbarem Wert. Das Merkmal der Unparteilichkeit reicht natürlich nicht aus, um eine Mediation erfolgreich zu machen. Kriterien für eine versierte Mediatorin beziehungsweise einen versierten Mediator sind nicht nur, dass sie/er über die richtigen methodischen Kenntnisse verfügen muss, praxisbezogenes Arbeiten und ein reicher Erfahrungsschatz gehören ebenfalls dazu.
Schwerpunkte der Wirtschaftsmediation
Wirtschaftsmediation eignet sich bei allen Konflikten innerhalb von Unternehmen, zum Beispiel wenn es Probleme bei der Unternehmensnachfolge geht, um Kompetenzstreitigkeiten oder andere Probleme bei der Aufgabenverteilung – und ganz speziell auch in Fällen von Mobbing. Wirtschaftsmediation ist ebenfalls ein probates Mittel bei Konflikten, die zwischen Kooperationspartnern, in der Zusammenarbeit mit Kunden, Kreditinstituten oder Behörden auftreten, sowie bei zwischenbetrieblichen Auseinandersetzungen.
Vorteile und neue Wege
Im Unterschied zu einer Konfliktregelung vor Gericht bietet Mediation viele Vorteile: Überzeugend ist zunächst, dass Mediation kosten- und zeitsparend ist. Nicht minder wichtig ist für viele, dass die selbstbestimmte Konfliktbearbeitung im Mittelpunkt steht und vom Mediator gefördert wird. Es geht also um sehr viel mehr, als nur um die Suche nach einem Kompromiss. Die Erfahrung zeigt, dass durch die Mediation eine neue Qualität im Umgang miteinander entstehen kann. Neue Wege tun sich auf, die keine der Konfliktparteien vor der Mediation für möglich gehalten hätte. Anders als vor Gericht behalten die Konfliktparteien zu jedem Zeitpunkt die Kontrolle über das Verfahren. Nichts geschieht ohne deren Zustimmung. Der Mediator setzt sein Repertoire gezielt ein, um einen Interessensausgleich zwischen den Konfliktparteien herbeizuführen. Nicht selten trägt dies zu einem konstruktiven Wechsel in der Unternehmenskultur bei, von dem nicht nur die ehemaligen Konfliktparteien profitieren.
Zu den Prinzipien der Mediation gehört, dass sich die Beteiligten an das halten, wozu sie sich gegenseitig verpflichten. Neben Vertraulichkeit und Eigenverantwortlichkeit zählt auch die Transparenz dazu, um sicherzustellen, dass allen zu gleicher Zeit die gleichen Informationen zur Verfügung stehen. Die Privatsphäre jedes Beteiligten bleibt vollkommen geschützt. Ein Grundprinzip der Mediation ist, dass jede Partei genügend Zeit und Aufmerksamkeit erhält, sodass das jeweilige Interesse klar definiert werden kann. Ein positiver Nebeneffekt davon ist, dass das Ganze ruhig und sachlich abläuft. Oft erkennen die Betroffenen während der „Interessensfindung“ selbst, dass es zum Teil gemeinsame Interessen gibt. Das entschärft den Konflikt und bietet eine gute Voraussetzung für Lösungsmöglichkeiten. Ebenso wie zunächst in strukturierten Gesprächen die jeweiligen Interessen offen dargelegt wurden, bringt jede Partei ihre Vorschläge zu einer Lösung vor. Diese werden ohne Wertung vom Mediator aufgenommen. Bei Bedarf unterstützt der Mediator den Ideenfindungsprozess mit geeigneten Kreativitätstechniken. Sein Fokus liegt darauf, eine offene und konstruktive Atmosphäre zu schaffen, in der Lösungsansätze entwickelt werden, die von allen Beteiligten getragen werden. Auf diese Weise wird das Thema zukunftsorientiert bearbeitet, statt am Konflikt festzuhalten. Am Ende werden die Lösungsvorschläge ausgewertet und kommen bezüglich ihrer Realisierbarkeit auf den Prüfstand.
Der von den Betroffenen favorisierte Lösungsweg kann schriftlich festgehalten werden. Ergänzend können ein Zeitrahmen und/oder Check-Kriterien im Hinblick auf die Umsetzung festgelegt werden. Mithilfe der Mediation ist es für eine erfahrene Mediatorin oder einen erfahrenen Mediator gut möglich, eine Win-Win-Situation herzustellen, in der sich jeder in seinem Selbstwert bestätigt fühlt und weiß, dass die eigenen Bedürfnisse berücksichtigt werden. So finden alle Beteiligten einen fairen Interessenausgleich ohne Gesichtsverlust. Die gemeinsam erarbeitete Lösung birgt einen hohen Motivationsfaktor für deren konsequente Umsetzung.
Eine Win-Win-Situation als Ergebnis eines Konflikts, der kurz davor war, vor Gericht zu enden, ist sicher ein gutes Argument, die Mediation als Königsweg der Konfliktlösung zu betrachten. Nicht nur das Ergebnis selbst überzeugt, sondern auch der Weg dorthin, den alle Beteiligten in Würde gehen und darüber hinaus von all den im Meditationsverfahren neu erworbenen Fähig- und Fertigkeiten profitieren können.
Manuela Schurk-Balles
zertifizierte Wirtschaftsmediatorin und Juristin, Mediatorin für Einzel-Paar-Familienberatung und im Gründungsvorstand der Deutschen Gesellschaft für Wirtschaftsmediation (DGWM).
Dozentin für Konfliktmanagement und Mediation bundesweit für die Hochschulen Fresenius, Fachbereich Wirtschaft & Medien